48 Jahre Rheticus-Gesellschaft

         Herzlich willkommen auf unserer Homepage!

Buchpräsentation „Das Vorarlberger Kinobuch"

Viel Fachwissen und die Liebe zum Film zeichnen den 63-jährigen ehemaligen Psychologen und Buchautor Norbert Fink aus.

Auf Einladung des Saumarkt Club und der RG fand kürzlich eine Lesung mit Norbert Fink über sein Werk „Jugendverbot – Das Vorarlberger Kinobuch“ statt. Leider hatten sich nur drei Mitglieder eingefunden, es scheint so, dass in der Rheticus-Gesellschaft wohl nur wenige Cineasten zu finden sind.


Neun Epochen

Norbert Fink, langjähriger Leiter des Dornbirner Filmkulturklubs (FKC) ist es gelungen, in seinem Werk neun Epochen der Kinogeschichte Vorarlbergs, vom Stummfilm, Tonfilm, Farbfilm, bis zum Königsformat des Films 70 mm zu dokumentieren. Filmzensur in Vorarlberg, Prädikate, Filmclubs und andere Aktivitäten, Filmdrehorte, Filmfirmen und alle Kinos, die es in Vorarlberg je gab, werden in seinem Werk umfassend dargestellt. Eineinhalb Jahre, insgesamt an die 1500 Stunden lang, arbeitete der engagierte Filmfreund Fink an dem 300 Seiten starken Buch, durchforstete viele Archive, die Landesbibliothek, Zeitungen und Gemeindeblätter, um sich auf die Spuren der Bewegtbilder im westlichsten Bundesland Österreichs zu begeben. Herausgekommen ist ein einzigartiges und umfassendes Porträt des Kinos im Ländle.

 

1910 erstes Kino in Feldkirch

Werner Gerold von der Filmgruppe des TaS-Kino konnte interessierte Cineasten begrüßen und verwies darauf, dass Fink in seinem Vortrag speziell auf die Kinogeschichte in der Montfortstadt eingehen werde. Er verwies auch noch auf den Feldkircher Wolfgang Angerer hin. Das Urgestein in Sachen Film war Obmann des Saumarkttheaters und „Aktion der gute Film“ und hatte bei der Filmvermittlung und Zensur bis zu seinem frühen Tod viel Positives geleistet. Die erste belegte Kinovorführung Österreichs fand im Jahr 1896 in Wien stattfand, das erste Kinoereignis im Ländle könnte zwei Jahre später, 1898, in Forster’s Restaurant in Bregenz gewesen sein. Schon vor der Umstellung des Saales in ein Kino lud der Feldkircher Johann Krimmer verschiedene Kinematographen-Unternehmer in den Saalbau ein, die dann ein paar Tage hier ihre Filme vorführten. Das Kino wurde dann am 1.6.1910 durch Adaptierung des Sparkassensaales, welcher 1901 erbaut wurde, von Johann Krimmer in Betrieb genommen. Das Streichorchester Altenstadt untermalte die Stummfilmvorführungen. Zum Wild-West-Film „Buffalo Bill“ schrieb die Vorarlberger Landeszeitung am 16.4.1908 u.a.: „Die Bilder waren klar und scharf“. Er verwendete damals einen Bauer-Projektor.

 

Zerstörung 1991

1930 gab es erste Nadelton-Filmvorführungen mit „The Jazz Singer“, ab 1931 bereits mit Licht Ton. Zur NS-Zeit wurde das Kino gezwungen, rassistische und nationalsozialistische Propagandafilme wie „Jud Süß“, Leni Riefenstahls „Olympia 1936“, Dokumentationen und die Deutsche Wochenschau zu spielen. 1962 wurde das Kino renoviert, auch ein Neubau wurde erwogen. Es erhielt eine riesige, für Cinemascope geeignete Leinwand. 1982 verpachteter der Gründersohn Otto Krimmer das Kino an den Pächter Andreas Moser. Am 5.8.1991, brannte es um 0 Uhr 40 nach einer gewaltigen Explosion ab. Grund für die explosionsartige Ausbreitung waren das Blechdach und die metallenen Türme des Kinos. Dadurch gab es einen Hitzestau im Innern, der zur totalen Zerstörung führte.  Die letzten gezeigten Filme waren „Nicht ohne meine Tochter“ und „Angeklagt“.

 

Tonhallenspiele

Wo heute das Montforthaus steht, gab es ab 4.11.1933 das Tonhallenkino, welches mit den beiden maurisch erscheinenden Türmen weithin sichtbar war. Es wurde vom Invalidenverband geleitet.  Im Jahre 1968 schloss das Kino, wodurch dem Kriegsopferverband jährlich ca. 120.000 Schilling entgingen. Im Jahre 1982 wurde dann das Oscar-Kino eröffnet. Es war damals nach dem Brand des Saalbaus am 5.8.1991 das einzige Kino in Feldkirch. Der Groß-Industrielle und Hotelier Oskar Thurnher baute für seinen Sohn Jörg das zum damaligen Zeitpunkt modernste Kino im Ländle. Nach einem sinnlosen Namenskonflikt mit dem amerik. Oskar-Preisverleiher wurde das Kino in „Kino Namenlos“ geändert.  Und blieb bis zum Jahre 2012. Nach dem kompletten Umbau präsentierte sich am 14.9.2012 das Rio-Komplex mit Kino-Restaurant-Pizzeria und Bar der Fa. Rauch-Gastronomie. Der Name hat nichts mit der brasilianischen Stadt zu tun, sondern sei die Abkürzung für „rein ins Oscar“, womit an den früheren, nun verbotenen Namen erinnert werden sollte. Das Kino „Rio“ ist das einzige Kino Vorarlbergs, das dem europäischen Netzwerk „Europa Cinema“ angehört. Die Auflistung der Kinos in Feldkirch wäre nicht vollständig, ohne das TaSKino zu erwähnen, wo ab 1979 Filme im 16mm Format gezeigt wurden. Seit der Eröffnung des Rio gibt es diese Filme nur noch digital.

 

Filmzensur

Und wie der Buchtitel „Jugendverbot“ ankündigt, ist natürlich auch der sehr eigenwilligen Filmzensur im katholischen Vorarlberg ein eigenes Kapitel gewidmet. So liest man, dass schon 1923 der Katholische Jugendverein davon überzeugt war, dass „laut Statistik 90 Prozent aller jugendlichen Verbrecher auf das Konto des Kino zu buchen sind“. Kinobetreiber Peter Pienz, unter dessen Mithilfe Fink das Buch schrieb, erhielt auf die Aufführung des Godard-Films „Gegrüßet seist du Maria“ hin sogar vom berüchtigten Pornojäger Humer eine Anzeige wegen Gotteslästerung. „Das Verfahren verlief jedoch wegen Nichtigkeit im Sande.“ Norbert Fink lacht dabei lauthals und nennt eine satte Zahl: „341 Filme waren bei uns verboten.“ Das ließ natürlich die Kinokassen in Lindau oder – falls jemand nicht gesehen werden wollte – in Ravensburg und Friedrichshafen klingeln. Seit exakt 110 Jahren gibt es in Feldkirch erlebte Kinogeschichte - wer mehr darüber erfahren möchte, dem sei das Buch von Norbert Fink empfohlen. 

 

Info

Norbert Fink: „Jugendverbot - Das Vorarlberger Kinobuch“ Unikum Verlag Lindau, 2016.

(Text und Fotos Helmut Köck, Mai 2017)