48 Jahre Rheticus-Gesellschaft

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Exkursion Tod und Jenseitsvorstellungen

Am 25. September 2015 fand die Rheticus-Exkursion zum Thema „Tod und Jenseitsvorstellungen“ unter der Führung von Simone Drechsel statt. Dabei besuchten die 22 Teilnehmer den römisch-katholischen Friedhof „San Tone“ und den „Jüdischen Friedhof“ in Hohenems, sowie den „Islamischen Friedhof“ in Altach.

 

Friedhof „San Tone“ in Hohenems

Im Jahr 1607 ließ Graf Kaspar auf dem „Groß-Weilerhof“ den Friedhof und die Kapelle „St. Sebastian und St. Antonius“ errichten. Grund dafür waren die zahlreichen Pesttoten und damit einhergehend, der Platzmangel auf dem kleinen Friedhof rund um die „Hannibalkirche“. Die Weihe, welche am 11. September 1607 stattfand, wurde vom Konstanzer Weihbischof, Johann Jakob Mirgel vorgenommen. Bereits 1624 musste der Friedhof erweitert werden. In den Jahren 1643 bis 1645 wurde die 1607 gebaute Kapelle durch ein stattliches Kirchlein ersetzt. Stifter war der gräfliche Hofmeister Jakob Hannibal Berna von Steinach. Es dürfte auch Jakob Hannibal Berna von Steinach gewesen sein, der den zweiten Namenspatron der Kirche, den Heiligen Antonius“ einführte. Dieser wurde vor allem durch die 1696 gegründete „Antoniusbruderschaft“ populär. Wenn etwas verloren geht, dann wird auch heute noch zum Heiligen Antonius gebetet. Damals war es üblich, wenn das Gebet erhört wurde, einen Besen zu opfern. Die Arkaden, die den Friedhof nur an drei Seiten umschließen, bieten Platz für 64 Gräber.

 

Der Glaube an Geister und Wiederkehrer spielte in den vergangenen Zeiten eine große Rolle. Viele Rituale und Abläufe mussten strikt eingehalten werden, damit der Verstorbene in seinem Grab blieb und seine Ruhe fand. So heißt es z. B. Grabkreuze schützen den Verstorbenen vor dem Teufel, Grabsteine aber halten den Toten in seinem Grab. Einem Verstorbenen wurden die Augen nicht allein aus Pietätsgründen geschlossen, sondern damit er nicht an den letzten Ort, den er in Moment des Todes sieht, zurückkommt. Aus diesem Grund wurde der Leichnam auch immer mit den Füßen voraus aus dem Sterbezimmer und Trauerhaus getragen.

 

Jüdischer Friedhof in Hohenems

Im Jahr 1617 ließen sich 12 jüdische Familien im Einvernehmen mit Graf Kaspar in Hohenems nieder. Es wurde ihnen auch gestattet, ihre Toten an einem bestimmten Platz nach jüdischem Ritus zu bestatten. Hinweise auf die genaue Lage des Friedhofes finden sich in den Raitbüchern der Grafschaft. Den Juden wurde ein Grundstück am Südrand von Hohenems, an einem bewaldeten Abhang des Schwefelberges zugewiesen. Über die Jahre wurde der Friedhof fünf Mal erweitert und auch einige Male restauriert. Dies war vor allem wegen dem Grundwasser, das in rund 1 ½ Meter Tiefe den Hang durchzieht, notwendig. Die Grabsteine versanken oder fielen um. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte dieses Problem durch Abwasserrohre gelöst werden. Im Jahr 1938 wurde der Friedhof, wie auch zahlreicher anderer Besitz der jüdischen Kultusgemeinde beschlagnahmt und „arisiert“. Trotz einiger Schändungen wurde er nicht zerstört. Heute befindet er sich im Besitz eines Schweizer Vereins, da die jüdische Kultusgemeinde Hohenems 1940 aufgelöst wurde. Noch heute werden hier Menschen nach dem jüdischen Ritus begraben.

 

Dem Toten werden die Augen geschlossen und das Gesicht mit einem weißen Tuch bedeckt. Anschließend wird eine Kerze angezündet, denn das Licht symbolisiert die Seele des Verstorbenen. Es wird noch einmal mit dem Verstorbenen gebetet und dann wird ein Fenster geöffnet, damit die Seele entweichen kann. Ein Verstorbener muss so schnell wie möglich beerdigt werden, am besten noch am selben Tag. Der Leichnam darf nicht verbrannt werden, denn er wird noch für die Seele gebraucht. Daher darf ein Grab auch nicht aufgelöst wird.

 

Nach ein paar erquickenden Tropfen Wasser aus der „Schwefelquelle“, die sich ganz in der Nähe des Jüdischen Friedhofes befindet und ein letzter Rest des ehemaligen, seit 1429 bekannten „Schwefelbades“ ist, ging es weiter zum dritten und letzten Friedhof.

 

Islamischer Friedhof in Altach

Er ist weitaus der jüngste der drei Friedhöfe, denn er wurde erst am 2. Juni 2012 eröffnet. Die Bestrebungen für einen Islamischen Friedhof begannen schon im Jahr 2003 mit der Gründung der „Initiativgruppe Islamischer Friedhof“ und dem Einreichen eines Antrages auf einen eigenen Friedhof bei der Vorarlberger Landesregierung 2004. Die Altacher Gemeindevertretung beschloss 2006 das Grundstück „Schotterried 1“ zur Verfügung zu stellen.

 

Den ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewann das Architekturbüro Bernardo Bader aus Dornbirn und für die InnengestalIslamischer Friedhoftung des Gebetsraumes konnte die Künstlerin Azra Aksamija gewonnen werden. Der Friedhof, für zahlreiche Preise und Auszeichnungen nominiert, gewann u.a. 2013 den Aga Khan Award for Architecture.

 

Im Wesentlichen besteht er aus vier Teilen: dem Gräberfeld, das Platz für 700 Gräber bietet, der Verabschiedungshalle, den Räumlichkeiten für die rituelle Waschung und dem Gebetsraum. Der Friedhof selber ist sehr schlicht, da der Islam auf einen ausgeprägten Totenkult verzichtet. Die Gräber sind alle nach Mekka ausgerichtet und dürfen wie im jüdischen Kultus nicht aufgelöst werden. Bis heute sind nur 20 Gräber belegt. Eine wesentlich größere Rolle spielt der Friedhof bei den Überführungen. Hier finden die rituelle Waschung des Verstorbenen und die anschließende Verabschiedung statt, bevor der Sarg in die Heimat überstellt wird.

 

(Text und Foto Simone Drechsel, Oktober 2015).