48 Jahre Rheticus-Gesellschaft

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Turmuhrwerke aus fünf Jahrhunderten 

Eine interessante Führung erlebten Mitglieder der Rheticus Gesellschaft kürzlich mit Gerhard Ritter am 5. Juli 2012.

 

Der Feldkircher Juwelier und Uhrmachermeister Gerhard Ritter hat ein besonderes Hobby: Er sammelt und restauriert alte Turmuhrwerke. Diese Leidenschaft hat er von seinem Großvater und Vater übernommen und konnte bereits einen seiner Söhne, ebenfalls Uhrmacher, dafür begeistern.  

 

Geschichte

Gerhard Ritter referierte über die Bedeutung der frühen Turmuhren, ihre Entstehung, Entwicklung, der Technik vom 14. Jahrhundert bis heute. Schon im Altertum teilte der Mensch seinen Tagesablauf durch Beobachtung der Himmelsgestirne Sonne, Mond und Merkur ein. Seit dem 16. Jahrhundert v. Chr. ist die Verwendung der Wasseruhr im Alten Ägypten bekannt und in Griechenland wurden diese Uhren zur Begrenzung der Redezeit vor Gericht eingesetzt. Die Redewendung „Die Zeit ist abgelaufen“ lässt sich darauf zurückführen. Neben den Sonnen- und Wasseruhren etablierte sich ab 900 n. Chr.  in Europa auch die Kerzenuhr. Die ersten Turmuhren waren die ersten mechanischen Uhren überhaupt und fanden gegen Ende des Mittelalters weite Verbreitung. "Diese Uhren waren zu dieser Zeit so teuer wie ein Bauernhaus, brachten aber für alle Bewohner eines Ortes einen großen Nutzen", berichtet Ritter. Als zentrale und maßgebliche Zeitanzeiger waren diese Räder-Uhrwerke auf den hohen Türmen von Kirchen, Rathäusern und Schlössern installiert. Ab ca. 1300 entstanden die ersten Räderuhren mit Gewichtsantrieb und verkündeten die volle Stunde zunächst durch automatische Glockenschläge. Die erste urkundliche Erwähnung einer Räderuhr datiert auf das Jahr 1335 und bezieht sich auf ein Gerät in der Kapelle des Palastes der Visconti in Mailand. Vor allem die Erkenntnisse aus der Astronomie und der Mathematik nahmen zu dieser Zeit großen Einfluss auf die Entwicklung der Räderuhr. Als epochale Erfindung muss die „Hemmung“ angesehen werden, die erst die Entwicklung dieser Räderuhren ermöglichte.

 

Aufwendige Restaurierung

Der Feldkircher Uhrmachermeister konnte vor einige Zeit mehrere alte Turmuhren erwerben. Dann begann die aufwendige Restaurierung und heute umfasst seine Sammlung aktuell neun Turmuhrwerke aus fünf Jahrhunderten, die teilweise auch in Betrieb sind. Ein ganz besonderes Schaustück ist die große Turmuhr, die in seinem Haus über zwei Stockwerke verbaut ist und sogar über ein Räderwerk eine großes Ziffernblatt antreibt.  Die Turmuhren wurden damals noch in traditioneller Handarbeit durch Schmiede aus Eisen gefertigt, daher gehört Ritters besondere Liebe diesen Stücken, aber auch Turmuhren aus Gusseisen sind bei ihm zu finden. Viele Stunden verbringt Gerhard Ritter nach seiner Tagesarbeit oft in seinem Turmuhr-Atelier. "Es ist oft entspannend, wenn es bei der Restaurierung nicht immer so hochpräzise hergehen muss, wie in der heutigen Uhrmacherwerkstatt", meinte er schmunzelnd und will sich die Restaurierung eines ganz besonderes Uhrwerks aus dem Geburtsjahr von Joachim Rheticus von 1514 auf seine Pension aufsparen. Leider sind heute mechanische Turmuhrwerke nur noch selten in Betrieb, die moderne Technik mit funkgesteuerten Werken und auch die aufwendige, schwierige Pflege der Uhren haben dazu beigetragen. Umso erfreulicher ist es, wenn Menschen wie  Gerhard Ritter sich die Mühe machen und die uhrmacherischen Meisterwerke aus früheren Jahrhunderten erhalten und interessierten Besuchern präsentieren. Einen großen Dank auch an Gerhard für die aufmerksame Bewirtung in seinem Hause.

 

(Text und Fotos Helmut Köck, Juli 2012).