48 Jahre Rheticus-Gesellschaft

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Auf den Spuren der Römer

Am Samstag, 15. September 2012, lud die Rheticus-Gesellschaft zu einer Führung zum Thema „Römer in Liechtenstein“ ein.

 

Unter der Leitung von Mayr Ulrike, Archäologin bei der Landesarchäologie des Fürstentums Liechtenstein, wandelten ihre Mitglieder bei wunderbarem Wetter auf römischen Spuren von der Villa in Nendeln über das spätantike Kastell in Schaan bis auf den Hügel der Burg Gutenberg in Balzers. Im Alpenfeldzug 15 v. Chr. wurde unsere Region von den Stiefsöhnen Kaiser Augustus, Drusus und Tiberius, erobert. Damit erhielten einerseits die römischen Kaiser Zugang zu den wichtigen Pässen und kostbaren Rohstoffen in den Alpen, andererseits übernahmen die Alpenbewohner römische Kulturelemente und Lebensart.


Die Villenlandschaft und nachhaltige Neuerungen

Das Alpenrheintal war während der 400 Jahre römischer Herrschaft sehr dicht besiedelt. In Liechtenstein lässt sich entlang der alten Handelsstrasse am rechten Rheinufer fast alle 2 km ein Gutshof nachweisen. Am Beispiel Villa in Nendeln erhielten die Exkursionsteilnehmer Einblick in die Besiedelungsgeschichte dieser Zeit. Zahlreiche Innovationen wie Mörtelmauerwerk, Fussbodenheizung, Dachziegel und Fensterglas sind durch die Grabungen in den 1890er und 1970er Jahren belegt. Mittlerweile zeichnet sich durch die intensive Zusammenarbeit mit diversen Naturwissenschaften wie z.B. Botaniker oder Zoologen ein interessantes Bild über die Entwicklung der Haustiere und der angebauten Nutzpflanzen ab. Der Import von neuen Lebensmitteln wie Gewürze, Wein, Olivenöl oder Mittelmeerfische erforderte neue Zubereitungsarten und damit hielten auch neue Geschirrformen bei uns Einzug. Neu kam auch die Schrift als Instrumentarium der Verwaltung zu uns. Der Grad der Alphabetisierung der Bevölkerung zeigt sich durch Ritzinschriften auf Keramik und durch Funde von Schreibgriffeln. Zum ersten Mal in der Geschichte Liechtensteins werden so die Namen von hier lebenden Menschen fassbar.


Kastell und Alamannen

Was ist der Unterschied zwischen Alemannen und Alamannen, fragte sich ein Teilnehmer in der Specki in Schaan. Dort, im Bereich des germanischen Gräberfeldes aus dem 7. Jh. n. Chr., wurde es ihm dann klar: die Alamannen = das historische Volk des 3.-7. Jh., die Alemannen = die heute in der Region des Alpenrheintals, Vorarlbergs und am Bodensee lebende Bevölkerung. Die Alamannen stürmten ab dem 3. Jh. immer wieder gegen die Reichsgrenzen an. Um sich in Sicherheit zur bringen, zog sich die Bevölkerung zeitweise auf Höhensiedlungen zurück, wie sie vom Krüppel on Schaan bekannt ist. Die römischen Kaiser errichteten zudem im Hinterland des Limes Kleinkastelle, einerseits um den Schwung der marodierenden germanischen Horden zu brechen, andererseits um die Versorgung des Heeres und der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Das Tor eines dieser Wehrbauten ist heute noch in Schaan unter der Kapelle St. Peter zu sehen.


Ein alter Siedlungs- und Kultort

Die letzte Station der Spurensuche führte die Gruppe auf den Felskopf der Burg Gutenberg in Balzers. Dort wurde ein Abstecher sowohl in die Urgeschichte wie auch ins Mittelalter unternommen, um der beeindruckenden Geschichte dieses Platzes gerecht zu werden. So ist von hier das bisher älteste Keramikgefäss aus Liechtenstein aus der Zeit um 4.500 v. Chr., die neun Votivfiguren aus der Eisenzeit (5.-1. Jh. v. Chr.), die Kirche St. Donatus und der dazugehörige Friedhof (9.-12. Jh. n.Chr.) bekannt. Zum Schluss des intensiven und spannenden Nachmittags war den Teilnehmern noch ein Blick in den Innenhof der Burg möglich. Details aus der Geschichte der Burg wie auch von der Wiederherstellung der heutigen Anlage im Verständnis der Burgenromantik durch Egon Rheinberger zwischen 1905 und 1910 waren dort gut ablesbar.

 

(Bericht Ulrike Mayr, Fotos Josef Eisele, Oktober 2012)