48 Jahre Rheticus-Gesellschaft

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Auf den Spuren der Barockbaumeister Fürstabt Cölestin Gugger von Staudach

und P. Iso Walser in St. Gallen

Bei Schneegestöber und Minusgraden konnte uns Reiseführer Dr. Karl Dörler eine kompakte und versierte Stadtführung geben.

Am 02. April 2022 startete die Exkursion mit zwölf Teilnehmern im winterlichen Feldkirch vor dem Feldkircher Geburtshaus von Cölestin Gugger von Staudach in der Marktgasse. 

 

Christoph Volauncnik gab einen Einblick in die Familiengeschichte über die aus Feldkirch stammenden Patres Iso Walser und Cölestin Gugger von Staudach (geb. 1701), welche nach dem Besuch der Feldkircher Jesuitenschule ins Kloster eintraten und dort Karriere machten. Während Cölestin als Abt zwischen 1740 und 1786 das barocke Kloster und die weltberühmte Klosterbibliothek erbaute, ließ Iso Walser als Offizial 14 Pfarrkirchen im St. Galler Raum erbauen.

 

Mit dem Reisebus der Firma Bischof ging es dann direkt nach St. Gallen. Bei Schneegestöber und Minusgraden konnte uns Reiseführer Karl Dörler eine kompakte und versierte Stadtführung geben.

 

Imposante Kathedrale

In der Stiftskirche und Kathedrale St. Gallen erwartete uns schon Hans Haselbach, der mit Begeisterung und viel Detailwissen die Gruppe begleitete. Der römisch-katholische Kirchenbau ist seit 1847 Kathedrale des Bistums St. Gallen und Pfarrkirche der Dompfarrei. Zuvor war sie die Stiftskirche des 1805 aufgehobenen Benediktiner-Klosters St. Gallen. Der zwischen 1755 und 1766 errichtete barocke Neubau wurde zusammen mit dem Stiftsbezirk 1983 als UNESCO-Welterbe in die Liste der schützenswerten Weltkulturgüter aufgenommen.

 

Monumentalen Sakralbau des Spätbarocks

Die Initiative zum Neubau der Stiftskirche geht ins 18. Jahrhundert zurück, als die alte Kirche des Klosters St. Gallen, die im Kern aus dem 9. Jahrhundert stammte, immer baufälliger wurde. Basierend auf den Plänen von Gabriel Loser und Johann Caspar Bagnato führte Peter Thumb zwischen 1755 und 1757 das Langhaus und die Rotunde aus. Der Abriss der alten Gebäude begann am 2. Mai 1755, die Grundsteinlegung für den Neubau fand am 29. August 1756 unter Abt Cölestin Gugger von Staudach im bereits teilweise fertigen Rohbau statt.

Die Arbeiten am Kirchenschiff waren im Sommer 1760 im Wesentlichen abgeschlossen; am 15. November 1760 fand die Einsegnung statt. Der Neubau des Chors der Kirche wurde erst 1760 beschlossen. Bis dahin diente der alte gotische Chor als Notkirche. Die Bauleitung ging dafür von Peter Thumb auf Johann Michael Beer von Bildstein über. Weitere Nebengebäude und die Türme, wie auch die Innenausstattung, wurden in den folgenden Jahren ausgeführt.

Die malerische und plastische Ausstattung zwischen Rokoko und Klassizismus ist das Werk süddeutscher Meister.

 

Höhepunkt Stiftsbibliothek

Nach dem Besuch der Stiftskirche und der Galluskrypta durfte der Besuch des Barocksaals der Stiftsbibliothek nicht fehlen. Die spätestens 719 gegründete Stiftsbibliothek St. Gallen gehört zu den bedeutendsten historischen Bibliotheken der Welt. Sie ist die einzige der großen Klosterbibliotheken des Frühmittelalters, deren qualitativ hervorragender Bestand vom 8. Jahrhundert bis heute einigermaßen intakt beisammengeblieben ist. Sie besitzt 2.100 Handschriften, 1.650 Inkunabeln (Druckwerke bis 1500) und Frühdrucke (gedruckt zwischen 1501 und 1520), insgesamt etwa 170.000 Bücher und andere Medien.

Der Büchersaal der Stiftsbibliothek, kunstvoll geschmückt und in seinen Proportionen ausgewogen, wird als der schönste nicht-kirchliche Barockraum der Schweiz und als einer der in ihrer Form vollendetsten Bibliotheksbauten der Welt angesehen. Der Saal wurde von 1758 bis 1767 unter den Äbten Cölestin II. Gugger von Staudach und Beda Angehrn erbaut.

 

Auf halber Höhe befindet sich rund um den Saal herum eine Galerie. In der Länge wechseln sich Bücherschränke und Fensternischen wellenförmig ab. Die Pfeiler sind in die Halle eingerückt und an den Ecken mit korinthischen Ziersäulen verstärkt. Zwischen solchen und flachen Pilastern stehen die Bücher in vergitterten Büchergestellen. Besonders schützenswert ist der Fußboden aus Tannenholz, in dem vier große Sterne und rankenartige Schlingungen in Nussbaumholz eingelassen sind. Den Saal durften wir daher nur mit Filzpantoffeln betreten. Die Decke ist mit zahlreichen kunstvollen Stuckaturen und Gewölbebildern ausgestattet. Die größten Bilder stellen die vier ersten ökumenischen Konzilien dar. Am Bau beteiligt waren Peter Thumb, Vater und Sohn, aus Bezau in Vorarlberg als Baumeister. 1983 wurde die Bibliothek zusammen mit dem Stiftsbezirk St. Gallen ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.

 

Landkirche in Bernhardzell

Nach der Mittagspause ging es weiter nach Bernhardzell. Karl Dörler gab uns umfangreiche Erklärungen über den Bau der Kirche, welche von 1776-1779 erstand. Der aus Feldkirch stammende Offizial der Fürstabtei, Pater Iso Walser beauftragte den Vorarlberger Baumeister Johann Ferdinand Beer aus dem Bregenzerwald, der für ihn damals die meisten Neubauten ausführte. Palier war der jüngere Bruder des Baumeisters, der beim Abbau des Außen Gerüstes im Juli 1778 auf der Baustelle tödlich verunglückte. Beeindruckend ist das große Kuppelfresko, das von Maler Franz Ludwig Hermann aus Konstanz ausgeführt wurde. Die Thematik bezieht sich auf das Leben und Wirken Johannes des Täufers, verbunden mit alttestamentlichen Gegenüberstellungen. Die Stuckaturen wurden von Peter Anton Moosbrugger aus Au gemacht.

 

Eine Fahrt durch das Appenzellerland und ein Spaziergang durch den Ort Appenzell schloss die beeindruckende Exkursion ab.

 

(Text und Fotos Helmut Köck, April 2022)