Mittelalterliche Fresken im Raum Feldkirch
Mit dem Besuch der alten Pfarrkirche St. Ulrich in Götzis schloss die interessante Exkursion mit unserem Obmann Albert Ruetz.
Am 18.03.2017 nahmen 20 Mitglieder an der interessanten Führung mit Obmann Albert Ruetz zu vier Kirchen statt.
Die in alten Kirchen und Kapellen erhaltenen mittelalterlichen Fresken können uns von der Gedankenwelt und der Frömmigkeit von Menschen längst vergangener Zeiten erzählen. Mit dem Spruch des Tages hat Mag. Albert Ruetz die Entdeckungsfahrt unter folgendes Motto gestellt: "Im Vergangenen sind die Wurzeln des Neuen. Wer das Vergangene verleugnet, kann auch nichts Neues schaffen."
Die Führung startet in der Burgkapelle der Schattenburg, die bis ins 17. Jh. als Sakralraum genutzt wurde. Bemerkenswert sind die um 1507 geschaffenen, spätgotischen Fresken, die Hans Huber zugeschrieben werden. Er war der Vater des bekannten Passauer Hofmalers Wolf Huber, einer der bedeutendsten Vertreter der „Donauschule“. In der Mitte des oberen Bogens thront Christus als Weltenherrscher, daneben wird mit einfachen Symbolen die Passion Christi erzählt. Außergewöhnlich ist das Thema der darunterliegenden Bilderzyklen: Weibermacht und Minnelist. Wir entdecken Szenen aus Legenden, die berichten, wie sich Aristoteles und Vergil von „Weibern verführt“ zum Gespött gemacht haben. Biblische Paare wie Adam und Eva, König Salomon und seine Frauen, Samson und Dalila, Jakob und Rebekka usw. sollen ebenfalls die Listigkeit ihrer Partnerinnen ins Bild bringen.
Die alte Ortskirche St. Michael in Tisis wurde zu Beginn des 14. Jh. erbaut und trägt außen spätgotische Freskenzyklen aus dem 14. bis 16. Jh. Empfangen werden wir vom Erzengel Michael. Mit seiner Waage prüft er die Himmelsfähigkeit der verstorbenen Seelen. Neben Maria betet die Stifterfamilie um ihr Seelenheil, links die Männer, rechts die Frauen. Der Heilige Georg, der Drachentöter und Beschützer der Christenheit, ist in einem Freskenfragment gut zu erkennen. Über dem Westeingang sind die Kreuzigung Jesu mit Maria und Johannes und rechts daneben der Auferstandene dargestellt. Links davon erzählt die Geburtsszene mit dem Besuch der Heiligen Drei Könige aus der Kindheitsgeschichte Jesu, rechts trägt der übergroße Heilige Christophorus das Jesuskind und damit die ganze Welt auf seinen Schultern. Sein Anblick garantiert das Seelenheil bei unverhofftem Tod, selbst bei der Sonntagsarbeit.
Die Kapelle Hl. Kreuz im Kehr in Feldkirch ist vom letzten Montforter Grafen Rudolf V. als Dank für seine glückliche Rückkehr von seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land gestiftet und 1380 an der ehemaligen Hauptdurchzugsstraße von Feldkirch als Privatkapelle erbaut worden. Ihre Innenausmalung blieb bis zum 17. Jh. unberührt. Erst dann wurden die spätgotischen Fresken bei einer Renovierung überputzt. 1992 wurden sie wieder freigelegt. Außen empfängt uns wieder der Heilige Christophorus auf einem Fresko aus dem 15. Jh. Innen erkennen wir an der rechten Seitenwand den Heiligen Antonius an seinem Stab, den ein Glöckchen ziert. Auch seine Ferkel sind bald entdeckt. Vorne im Chor warnt die Darstellung des Jüngsten Gerichts vor einem gottlosen Leben. Links von Christus als Richter sammelt Petrus alle für den Himmel, rechts führt der Teufel die „Entblößten“ der Hölle zu. Direkt daneben auf der Seitenwand wiegt der Erzengel Michael Seelen. Auf der linken Seitenwand ist die Heilige Ottilie, eine elsässische Fürstentochter, am Hahn zu erkennen.
Das Siechenhaus in Feldkirch-Levis ist zusammen mit der Magdalena Kirche zu Beginn des 14. Jh. weit außerhalb der Stadt Feldkirch erbaut worden. Die Kirche, die der Hl. Maria Magdalena geweiht ist, diente vor allem der geistlichen Betreuung der dort ausgesonderten Kranken. Über dem Eingang befinden sich Fresken (um 1320) eines einheimischen Künstlers und zeigen den Christophorus und die "Anbetung der Heiligen Drei Könige". Die Fresken im Inneren der Kirche stammen aus dem 15. Jh. und weisen eine hohe Qualität auf. Ein oberer Freskenkranz zeigt die Passion Jesu, die mit dem „Letzten Abendmahl“ beginnt und an der Chorwand mit einer großen Kreuzigungsszene endet. Die Renaissancealtäre stammen aus der Bildschnitzwerkstatt des bekannten Feldkircher Künstlers Erasum Kern (geb. 1592).
Die alte Pfarrkirche St. Ulrich in Götzis geht zurück bis ins Jahr 1000. Der damaligen Kapelle folgten um 1350 und 1509 Kirchenneubauten mit späteren Erweiterungen. Rundherum entwickelte sich der alte Ortskern von Götzis. Mit dem Neubau der Pfarrkirche im 19. Jh. wanderte auch die Ortsmitte mit ins Oberdorf. Der Kirchenpatron St. Ulrich zeugt von der Verbindung der selbständigen Pfarre mit dem Bistum Augsburg. Der Heilige Ulrich war Bischof von Augsburg und kämpfte mit Kaiser Otto I. im Jahr 955 auf dem Lechfeld. Sein Zeichen, der Fisch, ist auf dem Schlussstein des Kreuzrippengewölbes im Presbyterium zu finden. An der linken Langwand ist in Zyklen die Heilsgeschichte dargestellt. Das „Jüngste Gericht“ an der Chorbogenwand hat 1616 Jakob Noppis, Hofmaler der Emser Grafen, geschaffen. In der Mitte richtet Christus mit dem Richtschwert und der Lilie. Die verschiedenen Laster und die daraus folgenden Höllenqualen sind sehr dramatisch dargestellt. Heute dient die alte Kirche als Friedhofskirche und Andachtsraum. Da der Kirchenraum über eine phantastische Akustik verfügt, wird er gerne für Konzerte genützt.
(Text Anni Leimser, Fotos Helmut Köck, März 2017)