Exkursion zur Alten Reichsstadt Wangen im Allgäu
Stadtarvchivar Dr. Rainer Jensch vor der historischen Stadtansicht von Johann Andreas Rauch aus dem Jahr 1611 im Ratsaal des Rathauses.
Mit 30 Mitgliedern ging es am 31.03.2023 von Feldkirch nach Wangen im Allgäu, wo wir mit Stadtarchivar Dr. Rainer Jensch auf die reiche Vergangenheit als Reichsstadt zurückblicken durften.
Feldkirchs Stadtarchivar und RG Vorstandmitglied Christoph Volaucnik war als Reisebegleiter dabei und zitierte schon im Bus erste geschichtliche Fakten aus der mit 776 Seiten umfassenden Stadtchronik von Wangen, welche Rainer Jensch anlässlich des 1200-jährigen Stadtjubiläums im Jahr 2015 veröffentlicht hat. Dieser erwartete uns schon nach der einstündigen Busfahrt und wir hatten Wetterglück für den Stadtrundgang. Vorbei an einer Vielzahl historischer Gebäude, Stadttoren, der alten Stadtmauer und schönen Brunnen, welche bereits österlich dekoriert waren. Sehr nett war auch die Begleitung von Mitgliedern des Altstadt- und Museumsverein mit der 2.Vorsitzenden Katharina Blocher, Schriftführerin Diemut Bek und dem Autor des Jubiläumsbuches „Der alte Gottesacker“ und Ortsheimatpfleger Stephan Wiltsche.
Um 1200 ist Wangen entstanden
Die Große Kreisstadt im Herzen des württembergischen Allgäus. Heimat, Wirtschafts- und Lebensraum für rund 27.000 Menschen auf einer Fläche von etwas mehr als 100 Quadratkilometern. Die Spuren der ersten Besiedlung sind erloschen. Längst vergessen sind die Menschen, die vor Urzeiten den Namen "Wangen" erstmals aussprachen. Doch im Jahr 815 notiert ihn ein Mönch von St. Gallen auf ein kleines Pergament. Damit trat Wangen vor 1200 Jahren ins Licht der Geschichte. Bis heute sind in Wangen die spannenden Spuren dieser unverwechselbaren älteren und jüngeren Geschichte zu finden.
Badhausmuseum
Nun ging es in die ehemalige „Obere Badstube“. Es ist eines der besterhaltenen Beispiele mittelalterlicher bzw. frühneuzeitlicher Badstubenarchitektur. Annähernd 300 Jahre wurde an dieser Stelle gebadet. Nach der Aufgabe des Badebetriebes diente das Haus als städtisches „Wohltätigkeitsgebäude“. Aus Kostengründen wurde im Inneren nur wenig verändert, so dass sich umfangreiche Reste der originalen Badstubenausstattung erhalten haben. Das Gebäude war ursprünglich zum Abbruch vorgesehen. Eine 1983 durchgeführte Bauuntersuchung und die archäologischen Ausgrabungen der Jahre 1986-90 zeigten jedoch seine überaus reiche Geschichte. Die Stadt Wangen entschloss sich daraufhin, das Gebäude zu erhalten und in Form dieses Badhausmuseums der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Historisches Rathaus
Mit der Martinskirche und den weiteren historischen Gebäuden am Marktplatz sahen wir ein wunderschönes Stadtensemble und so war die nächste Station der Besuch des Rathauses. Ideal, dass am Freitagnachmittag nicht gearbeitet wurde, so konnten wir die wunderschönen Räume in Ruhe betreten. Der älteste Baubestand des Rathauses stammt als Teil der ersten Stadtbefestigung aus staufischer Zeit. Im 15. Jahrhundert wurde das Haus mehrfach umgebaut und in Richtung Marktplatz erweitert. Im repräsentativen historischen Ratsaal haben alle Zeiten - von der Romanik über Gotik bis zum Barock - ihre Zeichen hinterlassen. Als historische Kostbarkeit enthält er auch die Stadtansicht von Johann Andreas Rauch aus dem Jahr 1611 (eine Kopie mit besserer Auflösung konnten wir schon im Badehaus sehen), und das kleine Trauzimmer im Pfaffenturm über dem Ratloch. Sehenswert waren das barocke Treppenhaus mit der Landtafel von Johann Andreas Rauch aus dem Jahr 1617 und das kleine Trauzimmer im Pfaffenturm über dem Ratloch. 1721 erhielt das Rathaus die zum Marktplatz zeigende Barockfassade. Die Front zur Unterstadt behielt ihren spätgotischen Charakter.
Oase der Ruhe - Gottesacker
Stadtarchivar Jensch bot uns dann noch an, einen besonderen Platz kennenzulernen – den alten Gottesacker, welcher heute ein Stadtpark und eine ganz besondere kleine Oase der Ruhe ist. Der alte Gottesacker selbst wurde im Pestjahr 1521 als Friedhof auf dem Gelände des seit 815 verbürgten Maierhofs des Klosters St. Gallen angelegt. In der durch eine Mauer mit Arkadengang eingefriedeten Anlage fanden bis 1912 Bestattungen statt. Unter den Arkaden entstanden steinerne und gemalte Epithaphe. Bürger- und Zunftmeister, Gerichts- und Ratsherren der Freien Reichsstadt schufen sich dort persönliche Grabkapellen. Zur Anlage zählt auch die in gotischen und Renaissanceformen gestaltete Rochuskapelle, die von 1592-94 als kleiner Saalbau mit eingezogenem, sternförmigem Chor entstand. Die leicht gewölbte Holzdecke wurde 1598 eingebracht. Sie ist mit zahlreichen Wappen und Bildern aus dem Leben Jesu ausgestattet.
Ausklang im historischen Gasthaus
Einen feinen Ausklang fand die informative Stadtführung im „Fidelisbäck“. Seit über 500 Jahren wird in der Paradiesstraße Brot gebacken. Und in der urigen Gaststube konnten sich die schon etwas müden „Rheticus-Jünger“ am großen Holztisch mit Kaffee und Kuchen oder dem Original-Leberkäs uva. stärken, bevor es wieder zurück nach Feldkirch ging. Insgesamt ein interessanter Halbtagesausflug zum deutschen Nachbarn mit zahleichen Gemeinsamkeiten zur Montfortstadt, welche auf ihre historischen, kulturellen und geografischen Verbindungen zurückzuführen sind.
(Text und Fotos Helmut Köck, April 2023)