Unbekannte Nachbarschaft - Feldkirch und Altstätten - zwei Kleinstädte im Rheintal
Reisebegleiter Georg Fink führte uns zum Abschluss ins Prestegg, das zu Beginn des 16. Jahrhunderts Wohnsitz von Hans Vogler, dem Reformator des Rheintals war. Heute beinhaltet die Schlossanlage ein Museum, in welchem wir historische Gegenstände des täglichen Lebens besichtigen konnten.
Am 11. November 2022 konnten 26 Rheticus Mitglieder bei einer Exkursion nach Altstätten im Kanton St. Gallen viel Wissenswertes mit nach Hause nehmen.
Reisebegleiter Georg Fink hatte sich penibel vorbereitet und jeder Teilnehmer bekam ein Handscriptum mit zahlreichen historischen Daten und Stadtplan zum späteren Nachlesen ausgehändigt. Das Städtchen Altstätten mit etwa 12.000 Einwohnern ist zwar bevölkerungsmäßig bedeutend kleiner als Feldkirch, flächenmäßig aber in etwa gleich groß.
Eine erste Verbindung Feldkirchs zu der Kleinstadt im Kanton St. Gallen ist das Glasfenster im Rathaus im ersten Stock im Ratssaal. Es ist ein Geschenk der Nachbarstadt Altstätten anlässlich der 750 Jahrfeier der Stadt Feldkirch im Jahre 1968. Es zeigt Graf Hugo I. von Montfort und den Minnesänger Konrad von Altstätten. Geschaffen wurde es vom Schweizer Künstler Albert Wider. 1998 feierte Altstätten „700 Jahre Stadtrecht“.
Frühzeit und Antike
Altstätten ist eine Kleinstadt und politische Gemeinde in der Region und im Wahlkreis Rheintal im Kanton St. Gallen in der Ostschweiz. Als historischer Marktort bildet Altstätten seit dem Mittelalter ein Zentrum der Region (nebst Rheineck und Berneck) und war vor 2003 Hauptort des damaligen Bezirks Oberrheintal. Auf dem Gemeindegebiet von Altstätten zeigen vereinzelte archäologische Funde die frühe Anwesenheit von Menschen. Ein Steinbeil und eine Lochaxt aus der Jungsteinzeit (etwa 5500 bis 2200 v. Chr.) sind die ältesten Gegenstände. Es gibt auch keramische Funde aus der Spätbronzezeit, römische Münzen und alemannische Waffen aus dem 6. bis 7. Jahrhundert nach Christus.
Mittelalter
Schon zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung 853 oder 854 als villa nominata Altsteti verfügte das Kloster St. Gallen über einen umfangreichen Besitz in Altstätten. In der Folge bildete sich eine geschlossene Grundherrschaft des Klosters. Meier aus niederem Dienstadel verwalteten den klösterlichen Besitz und übten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Um sein Herrschaftsgebiet gegen die rechtsrheinischen Grafen von Montfort zu sichern, befestigte Abt Berchtold von Falkenstein den Hof Altstätten mit einer Ringmauer und erhob damit den Ort zur Stadt. 1298 erscheint Altstätten als oppidum (lat. «Stadt»). Wenig später ließen die Meier und Edlen von Altstätten vier Burgen oberhalb der Stadt bauen. In einer hauste der ritterliche Minnesänger Chuonrat von Altstetten (um 1320). Drei seiner Lieder haben in der Manesse-Handschrift Eingang gefunden.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde Altstätten in die Appenzellerkriege verwickelt. Die Stadt schloss nach der Schlacht am Stoss (1405) mit den streitbaren Nachbarn einen Bund, was den Zorn der Österreicher erregte. 1410 ließ Herzog Friedrich in einem Rachefeldzug das Städtchen einäschern. In den folgenden Jahrhunderten wurde es von weiteren großen Bränden heimgesucht – unter anderem 1567, als durch Brandstiftung 175 Gebäude in Schutt und Asche sanken. Altstätten hatte bis zum Untergang der Alten Eidgenossenschaft (1798) zwei Herren zu dienen: dem Abt von St. Gallen als Grundherr und dem Reichsvogt, der ursprünglich im Auftrag des Kaisers die Hoheit über die Grafschaft Rheintal innehatte. Wirtschaftlich war die Verleihung des Marktrechtes von Wichtigkeit. Eine erste Bestätigung des Marktrechtes findet sich im Jahre 1425. Politisch gewann Altstätten zur gleichen Zeit an Bedeutung. So gelang es der Bürgerschaft, dem Abt ein erhebliches Recht an Selbstverwaltung abzutrotzen. Seit 1415 treten neben Landes- und Grundherr Stadtrat und Stadtammann als «dritte Gewalt» in Erscheinung.
18. Jahrhundert
Eine wirtschaftliche Blütezeit erlebte Altstätten im 18. Jahrhundert. Tatkräftige Familien begannen, die Erzeugung und Veredelung von Leinwand-, Seiden-, später von Baumwollgeweben zu fördern und damit einen schwunghaften Handel zu treiben. Der Geschmack der weitgereisten Großkaufleute fand seinen Niederschlag auch im Stadtbild. Ihnen ist die Errichtung zahlreicher Gebäude, die auch heute noch das Stadtbild prägen, zu verdanken.
19. Jahrhundert
Einen kräftigen Impuls erhielt das wirtschaftliche Leben nach dem Bau der Eisenbahnlinie durch das Rheintal (1858). Altstätten musste aber hart für den Bahnhof kämpfen, denn die Oberrieter wollten eine Bahnlinie von Au direkt nach Oberriet. Im gleichen Jahr wurde die erste Stickereifabrik eröffnet. Die Industrialisierung in der Folgezeit konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Textilindustrie, vor allem auf die Stickerei. Neben den eigentlichen Stickerei Fabriken entstanden viele Kleinbetriebe. Die wirtschaftliche Prosperität zeigte sich im Bau der Rheintalischen Straßenbahn (1897) und der Altstätten-Gais-Bahn.
Folgen der Stickerei Krise
Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Stickereibranche in eine schwere Krise. Sie erholte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, ohne jemals wieder die frühere Bedeutung zu erlangen. Die Ausrichtung der Wirtschaft auf einen Zweig rächte sich nun.
Stadtrundgang
Ein ausgiebiger Spaziergang durch Altstätten brachte den Teilnehmern den schönen „Marktflecken“ näher, von der Jungsteinzeit über das Mittelalter bis in die Neuzeit und Georg Fink hatte viel zu erzählen. Leider ist Altstätten nicht wie unser Feldkirch verkehrsfrei, sodass immer wieder den Autos ausgewichen werden musste.
Sehenswürdigkeiten
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten bekamen wir zu sehen: Start war beim Frauenhof und der Placidus Kapelle, die im Jahre 1648, unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg erbaut wurde. Diese Zeit war geprägt von Pestzügen, Hunger und Teuerung. Die historische Altstadt besteht im Wesentlichen aus vier Straßenzügen: Obergasse, Marktgasse mit einem Laubengang, Engelgasse und Pfluggasse. Die Bausubstanz geht zu einem großen Teil auf Bauvorhaben aus dem 16. Jahrhundert zurück, als nach einem Stadtbrand (1567) die gesamte Stadt neu aufgebaut wurde. Prägend war vor allem die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Handelsherren innerhalb der ehemaligen Stadtmauern ihre schlossartigen Bauten erstellten. Schon damals dehnte sich die Stadt auch außerhalb der Stadtmauern aus. Von dieser ist ein Teil sowie noch das Stadttor (Untertor) erhalten geblieben. Die ersten Erwähnungen der Stadttore finden sich 1420. Das heutige Aussehen erhielt das Untertor im 18. Jahrhundert, als der massive Bau aufgestockt wurde. Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss wurden unmittelbar nach dem Stadtbrand in der damals typischen Bohlenständer-Bauweise erstellt.
Kirchen
Dann der Besuch der Reformierten Kirche, ein Bau mit neuromanisch-neugotischen Elementen, erbaut von Paul Reber 1904–1906. Georg Fink erzählte einige Anekdoten, wo es zwischen Katholiken und Protestanten beim Kirchenbesuch zu Konflikten kam, nutzten doch beide eine gemeinsame Kirche (paritätische) bis 1906 die Reformierte Kirche eröffnet wurde.
Das eintürmige Kirchgebäude der katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus wurde 1794–1798 von den Altstätter Architekten Johann Jakob Haltiner und Hans Ulrich Haltiner, Vater und Sohn, in spätbarockem und neuklassizistischem Stil erbaut.
Reburg
Beeindruckend das Haus Reburg, das früher "zum Markt" hieß und zu den wertvollsten und vornehmsten Gebäuden der Stadt zählt. Es reicht in seiner Grundsubstanz in die Zeit des Stadtbrandes von 1567 zurück. 1772 fand unter der Leitung des Altstätter Baumeisters Johann Jakob Haltiner der Umbau zu einem Stadtpalais statt. Die reichhaltigen Moosbrugger-Stuckaturen im Inneren zeugen von hoher Handwerkskunst aus Vorarlberg. Sie gehören zu den Meisterleistungen der profanen Raumkunst des Rokokos in der Ostschweiz.
Zum Abschluss gab es noch einen Besuch im Prestegg, das zu Beginn des 16. Jahrhunderts Wohnsitz von Hans Vogler, dem Reformator des Rheintals war. Heute beinhaltet die Schlossanlage ein Museum, in welchem wir historische Gegenstände des täglichen Lebens besichtigen konnten.
Diese Exkursion zeigte, wo es doch in unmittelbarer Nähe zu Feldkirch noch interessante Städte zu erkunden gilt, ganz im Sinne, „Das Schöne liegt doch so nah“. Georg Fink sei für seine guten Vorbereitungen und die Führung gedankt.
(Bericht und Fotos Helmut Köck, November 2022)